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Perspektiven für ibb – Es gibt viel zu tun!

Ludger Bitter

Rede des Fraktionsvorsitzenden der UWG IFI
zum Haushaltsplan der Stadt ibb für das Haushaltsjahr 2021

– Es gilt das gesprochene Wort –

Sehr geehrter Herr Bürgermeister, sehr geehrte Damen und Herren,

der Hh 2021 steht nachvollziehbar im Schatten des Ergebnisses der Kommunalwahl und deren Verschiebungen bei der Sitzverteilung hier im Rat, aber besonders unter dem Einfluss der Corona-Pandemie. Das Corona-Virus beherrscht alle Bereiche des täglichen Lebens. Die Nachrichten sind voll von Fallzahlen und der Suche nach neuen Maßnahmen zur Eindämmung des Infektionsgeschehens. Momentan befinden wir uns im Lockdown, was tiefe Spuren in der Gesellschaft hinterlässt. In der Wirtschaft bekommen besonders der Einzelhandel, die Gastronomie und die Veranstaltungsbranche die Folgen zu spüren. Drei Zweige, die uns ganz konkret betreffen.

Durch die Pandemie und die Maßnahmen zu deren Bekämpfung werden die Einnahmen im städtischen Hh, z. B. bei der Einkommenssteuer und dem Anteil der Stadt an der Umsatz- und Lohnsteuer deutlich zurückgehen. Niemand weiß, wie lange das so sein wird. Sicher ist nur, dass es mit einem Jahr nicht getan sein wird.

Dieses zu erwartende Minus kann in diesem Jahr noch über die Ausgleichsrücklagen und die Sonderzahlung des Landes NRW von rd. 11 Mio. € aufgefangen werden, für die Folgejahre wohl nicht mehr, denn auch das Geld vom Land NRW wird über Kredite finanziert. Wie teuer es unter dem Strich wird, ist offen.

Die UWG hält es für falsch, dass die Möglichkeit besteht, Corona bedingte Kosten ab 2025 über 50 Jahre abzuschreiben. Sinnvoll wäre es, die Corona-bedingten Kosten sofort haushaltswirksam werden zu lassen und eventuelle Defizite gegen die Rücklage zu buchen und nicht erst in 2025. Wie es um den Haushalt dann bestellt ist, weiß heute niemand.

Mit einer sofortigen Realisierung der Ausgaben wäre ein sauberer Haushaltsabschluss gegeben und wir wüssten, was unter dem Strich steht. Das wäre transparente und ehrliche Politik.

Es widerspricht völlig dem Gedanken intergenerativer Gerechtigkeit, wenn wir unsere Bilanz schönen und unsere Kinder und Enkelkinder diese Schulden abbezahlen sollen.

Die kommenden Generationen werden sowieso schon durch Beschlüsse und Entscheidungen über Gebühr belastet. Das reicht von der Rentenkasse bis zu den Sozialkosten. Wir sagen deshalb schon heute, dass wir einem städtischen Hh 2025, der ihnen auch die Corona-Ausgaben aufbürdet, nicht zustimmen werden.

Meine Damen und Herren, ich habe schon vor der Corona-Krise eine sparsamere Hh-Führung angemahnt und um Schuldenabbau in Zeiten gewaltiger Steuereinnahmen geworben, denn, wie man weiß, kann schon die kleinste Konjunkturschwankung das Steueraufkommen schnell in den Keller sinken lassen. Dass uns ein so großer Einbruch treffen würde, damit hatte auch ich nicht gerechnet.

Der Ausgleich des Verwaltungshaushalts wird uns in Zukunft die größten Schwierigkeiten machen und dem ist nur durch langfristig angelegte Einsparbemühungen, u. a. bei der Nichtbesetzung freiwerdender Stellen bzw. durch interne Umbesetzung im Personalbereich beizukommen. Laut einer Pressemitteilung der Verwaltung aus Dezember sind mittlerweile mehr als 800 MitarbeiterInnen bei der Stadt beschäftigt und damit der kontinuierliche Anstieg der Personalkosten verbunden. Auch die ständig steigenden Zahlungen an die Pensionskasse sind ein weiterer gravierender Faktor der Kostensteigerung.

Damit zurück zum Etat 2021: Einen wesentlichen Ausgabenblock stellen allerdings auch in diesem Jahr die Kosten der Sozial- und Jugendhilfe dar, meine Damen und Herren. Hier eine steuerbare Kostenplanung zu initialisieren, ist wohl nicht möglich.

Durch unsere verfestigte Auffassung, dass die in diesem Bereich gesetzten Standards aufrechterhalten bleiben sollen – und das ist auch gut so -, geraten wir deutlich in die finanzielle Zwickmühle und dauerhafte Lösungswege sind z. Zt. nicht erkennbar.

Aber es ist ein Trauerspiel, das in unserer Stadt über 642 Personen im Alter von der Grundsicherung leben müssen. Rund 400 Menschen beziehen Wohngeld und knapp 700 Alleinerziehende müssen mit rd. 1,7 Mio. € finanziell unterstützt werden, weil Elternteile ihren Verpflichtungen nicht nachkommen. Das kann nicht zufrieden stellen und ist ein weiterer Punkt verbesserungswürdiger gesellschaftlicher Gerechtigkeit.

Ein dritter Punkt dieses Themenbereichs sind die Bildungschancen der Jugend: Dass der Neubau der Hauptschule erst 2025 fertig gestellt sein soll, meine Damen und Herren, ist für mich beim besten Willen nicht nachvollziehbar; hier muss das Zeitfenster geändert werden, damit die beiden Standorte endlich zusammengelegt werden können, wir dadurch viel Geld sparen würden und die Schule noch effizienter arbeiten kann.

Auch über eine Erweiterung der Gesamtschule muss endlich nachgedacht werden. Meine Fraktion fordert dies bereits seit Jahren, denn auch jetzt können wieder nicht alle Kinder wegen Platzmangels aufgenommen werden – und das ist für eine Schulstadt kein Aushängeschild.

Die Schaffung weiterer Gewerbeflächen muss mit eine Hauptaufgabe dieser Ratsperiode sein, denn wir brauchen neue produzierende Arbeitsplätze und Steuereinnahmen, damit wir uns den Herausforderungen der Zukunft auch stellen können. Jede Produktionshalle zu begrünen mag wünschenswert sein, ist aber wohl nicht umsetzbar.

Grundsätzlich brauchen wir keine neuen Projekte und Investitionen beschließen, da bereits beschlossene Maßnahmen aus den Vorjahren mit rd. 25 Millionen € insgesamt das tatsächlich zu Leistende schon bei weitem übersteigen.

Allerdings muss der Sanierungsstau im Bereich Rathaus, Schulen, Straßen, LED-Straßenbeleuchtung jetzt nach einem nachvollziehbaren Handlungsrahmen auch endlich angegangen werden.

Dass seit unserem ersten Antrag aus 2011 laut Mitteilung aus der Verwaltung bislang nur 33% der Straßenbeleuchtung auf LED umgerüstet wurden, ist mehr als ärgerlich. Da werden Klima-Notstandsprojekte beschlossen aber da, wo für das Klima direkt was getan werden kann, werden Beschlüsse von der Verwaltung „nicht professionell und effektiv“ umgesetzt, Herr Bgm.

Erfreulich ist dagegen, dass die Starkverschmutzereinnahmen mit rd. 377 T€ für das Jahr 2021 den Bürger direkt entlasten und das beruht auf einem Antrag der UWG.

Unter dem Gesichtspunkt des Umweltschutzes ist die Situation unbefriedigend. Meine Fraktion fordert deshalb, dass die betroffenen Firmen ihre Abwässer vor Ort bereits soweit reinigen bzw. ihre Produktionsabläufe so umstellen, dass eine Starkverschmutzerabgabe nicht mehr erhoben werden muss.

Weniger erfreulich ist, dass die Zuschüsse für die Kirmesveranstaltungen auf nun rd. 90 T€ gestiegen sind. Hierzu werden wir einen erneuten Antrag stellen, den Zuschuss zu senken.

Dass Frau Ministerin Scharrenbach im letzten Jahr einen Förderbescheid über 41T€ überbracht hat, ist lobenswert, da sich ibb nun nur noch mit rd. 10 T€ am Bergbaumuseum beteiligen muss. Warum aber Vertreter der Fraktionen zur Übergabe nicht geladen wurden, hatte wohl was mit Wahlkampf zu tun.
Vom Bgm wurde vorgeschlagen, den Kühlturm als Denkmal stehen zu lassen. Das sehen wir anders: Wir brauchen hier in ibb nicht auch einen „Bismarckturm bzw. einen Schrameyerturm“, der dann gehegt und gepflegt und an bestimmten Tagen möglichst noch angestrahlt werden soll.
Für die heimischen Betriebe wird die frühe Schließung des Kraftwerks heftige finanzielle Auswirkungen haben und das tut ibb nicht gut.

Auch das Mobilitätssystem, hierzu hat meine Fraktion 2017 erstmals einen Antrag gestellt, sowie die Verknüpfung mit dem Nahverkehrssystem des RVM muss ibb neu definieren, denn der Automobilverkehr stößt auch in ibb an seine Grenzen. Trotzdem bleibt das Auto vorerst unverzichtbar, weil es den Bürgern gerade auf dem Land individuelle Freiheiten besonders im beruflichen Alltag bietet.

Wie gesagt, nicht alles ist möglich, aber alle Möglichkeiten müssen auf den Prüfstand. Nicht erkannte und nicht umgesetzte Chancen bedeuten eine dauerhaft geduldete Schwächung des innerstädtischen Handels.

Für die Innenstadt, verehrte KollegenInnen, brauchen wir dringend ein abgestimmtes Konzept, damit der innerstädtische Handel wieder Fahrt aufnehmen kann.

Das Maßnahmenpaket zur Unterstützung des Einzelhandels und der Gastronomie im letzten Jahr, z. B. durch eine zeitlich begrenzte Einsparung der Parkgebühren sowie die Aussetzung von Kita- und OGS-Gebühren in Zeiten der Corona-Pandemie, haben die Stadt viel Geld gekostet; hier ging es jedoch um die Unterstützung betroffener Familien und Unternehmen. Dies war ein notwendiger richtiger Schritt des Rates.

Es war jedoch nicht richtig, dass die Ratsmehrheit den Ankauf von FFP2/3-Masken NICHT komplett über den Kreis getätigt hat – mit der Folge, dass dadurch ein hoher finanzieller Verlust für die Stadt entstanden ist. Dies wäre vermeidbar gewesen.

An dem Ziel, für unsere kleinsten Mitbürger ab drei Jahren ein kostenfreies Kindergartenjahr zu etablieren, wie von meiner Fraktion beantragt, halten wir weiterhin aufrecht, auch wenn unser Antrag im letzten Jahr abgelehnt wurde. Nach Überwindung der Corona-Pandemie ist der städtische Hh entsprechend umzuschichten, denn „Bildung muss kostenfrei sein“, verehrte KollegenInnen.

Das Fazit heute lautet: Zuschusshaushaltsstellen müssen weiterhin eingegrenzt und die sogenannten Freiwilligenleistungen weiter zurückgefahren werden, aber damit müssen wir nicht bei unseren Kindern und beim Hospiz beginnen. Denn alle Maßnahmen haben dem Grundsatz sozialer und intergenerativer Gerechtigkeit zu folgen.

Wer die Probleme jetzt löst, verehrte KollegenInnen, entscheidet darüber, wie ibb in Zukunft dasteht.

Die UWG IFI – Fraktion lehnt den Hh 2021 ab.

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