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Eine Legislaturperiode geht dem Ende zu

Ludger Bitter

Rede des Fraktionsvorsitzenden der UWG IFI
zum Haushaltsplan der Stadt ibb für das Haushaltsjahr 2020

– Es gilt das gesprochene Wort –

Sehr geehrter Herr Bürgermeister Dr. Schrameyer,

sehr geehrte Damen und Herren,

mit dem Hh für das Wahljahr 2020 liegt insg. ein Zahlenwerk mit rd. 920 Seiten auf dem Tisch. Ein Zahlenwerk, das ein Kommunalpolitiker, also ein „Freizeitpolitker“, wohl kaum noch verantwortungsvoll komplett durcharbeiten kann.

Ein Verfahren zur Hh-Verabschiedung bei dem Anregungen und Sparappelle der Fraktionen aufgenommen und als Eckdaten in den Hh eingepflegt werden, wie es im Übrigen in etlichen Gemeinden und Städten mittlerweile der Fall ist, ist bei uns leider noch nicht umgesetzt.

So hat meine Fraktion in den letzten Jahren zahlreiche zukunftsweisende Vorschläge eingebracht, die konsequent unberücksichtigt geblieben sind. Ich verweise hier beispielsweise auf unseren Antrag bei der Hh-Einbringung 2019, die Investitionen auf 20 Mio. € zu begrenzen, um nicht mehr auszugeben als man einnimmt, oder etwa die Straßenbeleuchtung um eine weitere h/Tag zurückzufahren.

Konkrete Sparvorschläge oder zumindest ein Bemühen, die Ausgabenlast zu senken, kann ich beim besten Willen in den vergangenen Jahren weder seitens des Bgms noch der Ampelkoalition, die die Hhe verabschiedet hat, feststellen. Da gibt es allenfalls Lippenbekenntnisse.

Beispielhaft hervorzuheben sind die schlicht nicht nachvollziehbaren Gutachterkosten, die von 2017 auf 2018 um rd.100% gestiegen sind. Auch 2019 werden wir diese Ausgaben noch einmal übertreffen und Gutachterkosten tragen, für die es nicht mal ansatzweise einen Grund bzw. eine Ratsentscheidung gab.

Auch die Kosten für das Kirmeswesen sind ebenfalls um 100% gestiegen und für die Stadtmarketing GmbH steigen die Zuschüsse laut Vorlage von 2017 von 356 T€ mit einer Geschäftsführerin (GF) auf jetzt 565 T€ für das Jahr 2020 ohne eine GF und ohne eine Ratsvorlage. Bemerkenswert!

Der städt. Hh hat mittlerweile einen Schuldenstand von rd. 29 Mio. € erreicht. Bei Gewerbesteuereinnahmen von rd. 33 Mio. € durchaus vermeidbar, verehrte KollegenInnen, und bei der Hh-Einbringung teilte die Verwaltung schon jetzt mit, dass die Neuverschuldung bis 2023 um rd. 50% steigen wird.

Hier stellt sich folgende Frage: Warum wurde dieser Schuldenstand bei sich abzeichnenden gewaltigen Steuereinnahmen in den letzten Jahren nicht merklich abgebaut, gerade auch, um für schlechtere Zeiten eine finanzielle Speckschicht anzusparen?

Bereits die kleinste Konjunkturschwankung wird das Gewerbesteueraufkommen schnell wieder in den Keller sinken lassen.

Eine solche Entwicklung würde sich dann als rotes Minus im Hh niederschlagen und die Ratsarbeit fortan auf ein schlichtes Verwalten beschränken: Ein entwicklungspolitischer Stillstand, den meine Fraktion nach wie vor zwingend verhindern will.

Eine Sorge lässt mich derzeit nicht ruhig schlafen; so zeichnet sich schon jetzt ab, dass die Rücklagen von rd. 33 Mio. € nach der nächsten Kommunalwahl aufgezehrt sein werden. Auch Fehlentscheidungen im Personalbereich kosten uns ab 2020 jährlich viel Geld und eine zusätzliche Stellenvermehrung erst recht.

 

Das ist für den ibb Steuerzahler wahrlich kein Grund zum Jubeln.

Die vom Gesetzgeber vorgegebene Anpassung der Grundsteuer durch die Kommunen darf auf keinen Fall eine verdeckte Erhöhung für Mieter und Hausbesitzer werden.

Bedenkt man dann noch, dass ibb bei dem Durchschnittseinkommen seiner BürgerInnen in NRW auf Platz 338 von 396 liegt, ist jeder zusätzliche Euro zu viel, der vom ibb Steuerzahler abgeführt werden soll. Alle unsere Nachbarkommunen stehen hier wesentlich besser da.

Meine Damen und Herren, es ist höchste Zeit und seit Jahren von meiner Fraktion angemahnt, diese finanzpolitischen Gefahrenzonen eng zu begrenzen. Der Bürger hätte noch in dieser Legislaturperiode erwarten können, dass die entsprechenden Stellschrauben bewegt werden.

Das sind die haushaltsverabschiedenden Fraktionen ihm allerdings schuldig geblieben.

Insoweit hätte es einer kritischen Prüfung des Hhs bedurft, um die Ausgabenseite zu begrenzen: Auch und vor allem wegen einer besonderen Verantwortung im Sinne der Generationengerechtigkeit. Die bestehende Verschuldung nicht sukzessive abgebaut zu haben, ist ein bedauerliches Versäumnis!

Wiederholt hat meine Fraktion in den vergangenen Jahren den gewaltigen Sanierungs- und Investitionsstau mit nicht zu überblickenden Spätfolgen angemahnt und gefordert, dass etwa die Hh-Ansätze für die Bau- und Straßenunterhaltungsprogramme auch ausgegeben werden.

Mitleidiges Lächeln war die Reaktion. Im Ortsgespräch der SPD im Mai 2019 und in der Ratssitzung im November 2019 wird dieser Investitionsstau jetzt auch vom Bgm bestätigt und mit den Worten beklagt: „Das war vor meiner Zeit“.

Eine bedauerlicherweise zu spät gewonnene Erkenntnis, verehrte KollegInnen. Und nur am Rande, Herr Bgm und KollegenInnen der SPD: Sie haben das Vorgehen Ihres damaligen Bürgermeisters doch immer mitgetragen.

Es ist ein weiteres Ärgernis, dass seit unserem Antrag aus 2011 bislang nur 39% der Straßenbeleuchtung auf LED umgerüstet wurden. Dies bedeutet letztendlich, dass wir noch min. 12 Jahre warten dürfen, bis wir die Zielmarke von 100% erreicht haben werden.

Das heißt für mich: Schlafender Umweltschutz und verlorene Einsparungen von rd. 80 T€/Jahr für unseren Hh und den ibb Bürger. Hiervon hätte ein angemessener Anteil in unser Kulturprogramm investiert werden können, denn seit Jahren wurde dieser Topf nicht angepasst.

Dass auf dem Neumarkt immer noch geparkt werden darf, ist nicht mehr nachvollziehbar, insbesondere, da in der Tiefgarage ausreichend Parkmöglichkeiten bestehen. Dazu fällt dem Wähler im nächsten Jahr hoffentlich das Richtige ein.

Positiv anzumerken sind u. a. die auf unseren Vorschlag zurückzuführende Bildungspartnerschaft zum Thema Holocaust, die Benennung eines Weges nach einem ermordeten jüdischen ibb Mitbürger während der Nazizeit sowie die Installation einer entsprechenden Namenstafel.
Auch die erhöhte Verkehrssicherheit und ein gesichertes Radwegenetz, der Bahnübergang „Glücksburger Straße“, die Anbringung seitlicher Warnsysteme an städtischen Müllfahrzeugen, die Sanierung von Rathaus- und Schultoiletten und die Planung eines WCs in der Innenstadt, die Anpassung der Starkverschmutzerabgabe, die Baumscheibenpflege durch Anlieger, der Erweiterungsbau Gesamtschule, die Verständigung von DJK Arminia mit ihren Nachbarn, der geplante Ankauf der Spülfläche am Ostring, die Umsetzung des Preußendenkmals, der beschlossene Neubau eines Kombibads, die Beteiligung des Gestaltungsbeirates an Bauprojekten sind grundsätzlich als positive Entwicklungen hervorzuheben – hier erfolgten die richtigen Schritte.

Dass aber eine Kumpel-Ampel, wie von der UWG IFI beantragt, von Ihnen, Herr Bgm, wegen „eines erheblichen Haftungsrisikos“ abgelehnt wurde, ist schlicht nicht nachvollziehbar. Ob in Berlin, Bremen, Erfurt, Augsburg, Frankfurt, Trier, Zwickau, Friedberg, Mainz oder Neuruppin: Andere Städte machen es vor –und bei weitem nicht nur Großstädte.

Selbst Otto Waalkes Heimatstadt Emden hat dem Ottifanten ein entsprechendes Ampeldenkmal gesetzt. Und wenn Sie lieber Beispiele aus NRW hätten, Herr Bgm, gerne: Bergkamen, Bottrop, Duisburg, Gelsenkirchen, Essen, und Hamm.

Nur in ibb soll dies laut Bgm nicht möglich sein verehrte KollegenInnen. Ich denke, dass wir unseren Kumpeln diese Art der Anerkennung schuldig sind. Aber es kommt wohl scheinbar darauf an, wer einen solchen Antrag stellt. Die UWG IFI jedenfalls wird unermüdlich an dieser Forderung festhalten.

Dass aufgrund der vor langer Zeit von der Verwaltung vorgetragenen Dringlichkeit „aus sicherheitstechnischen Gründen“ mit dem Rückbau der Kepler-Turnhalle noch immer nicht begonnen wurde, ist indes schlicht nicht mehr nachvollziehbar; auch dass die Erweiterung des Kepler-Gymnasiums noch immer nicht in Angriff genommen wurde, ist ein Ärgernis sowohl für den Lehrkörper als auch für die betroffenen SchülerInnen.

Leider macht die Baumaßnahme das Fällen von 14 Bäumen erforderlich. Dass aber die Fraktionen, die mit lautem öffentlichen Getöse das Fällen von ein paar Bäumen für die Erneuerung der Bockradener Straße verhindert haben, hier problemlos ohne rot oder grün zu werden für die Baumfällung stimmten, muss wohl mathematische Gründe haben.

Klimaschutz ist ein wichtiges Thema unbestritten, verehrte KollegenInnen. Dass wir hier in ibb aber einen Klima-NOTSTAND haben sollen, sehe ich überhaupt nicht. Ibb hat vor Jahren die Lokale Agenda verabschiedet und schon vor rd. 25 Jahren den ersten Umweltschutzbeauftragten kreisweit eingestellt, der gute Arbeit hier vor Ort geleistet hat und immer noch erbringt.

Auch für die neue Polizeiwache ist ein nicht unbedingt bürgerfreundlicher Standort gewählt worden. Ich bedauere das sehr, insbesondere, da sich der bevorstehende Umzug frühzeitig abzeichnete. Zu diesem Zeitpunkt hätte man noch ausreichend Möglichkeit zum Intervenieren gehabt. Von Ihnen, Herr Bgm, wurde der entsprechende Hinweis jedoch als Falschmeldung abgetan.

Herr Bgm, den einen oder anderen Hinweis auch von meiner Fraktion anzunehmen, hätte unserer Stadt bestimmt nicht geschadet – im Gegenteil!

Anlässlich der im nächsten Jahr anstehenden Kommunalwahlen stellen wir uns die Frage:
„Was haben Sie, Herr Bgm, in fünf Jahren Ampelkoalition für ibb erreicht? Welche Ihrer Wahlkampfversprechen aus 2014 haben Sie zum Wohle unserer Stadt und deren Bürger tatsächlich umgesetzt?“

Ich erinnere Sie an Ihre Zusage, zu erwartende Gewinne der Stadtwerke (SW) in Schulen, Kinderbetreuung, Sportplätze und die Infrastruktur fließen zu lassen. Leider kann ich erwirtschaftete Gewinne bis heute nicht erkennen.

Auch hat sich Ihre Aussage bez. freiwillige Leistungen im Bereich Kultur, Sport, Kinder, Jugend sowie bei Betreuungsangeboten im Nachhinein als offensichtlich falsch erwiesen, wonach (Zitat) -„wir nicht noch hier und dort neue Sporthallen bzw. Sportanlagen bauen, oder dazu große Versprechungen machen können.“ So planen Sie entgegen Ihren öffentlichen Aussagen z. B. ein neues Sportzentrum Ost, von dem erst am 13. November wieder in der Presse zu lesen war. Dafür wollen Sie zig Mio. € ausgeben, für die Tafeln und das Hospiz – übrigens ein UWG IFI-Antrag – steht im städtischen Hh laut Ratsbeschluss kein Cent zur Verfügung!

In diesem Zuge möchte ich auf den erstmals 2012 von meiner Fraktion gestellten Antrag hinweisen, wonach nur der Neubau eines Kombibades sinnvoll und wirtschaftlich ist.

Dass diese Erkenntnis auch in der Verwaltung, beim Gutachter und bei der Mehrheit im Rat jetzt endlich angekommen ist, ändert nichts an der Tatsache, dass sich die hohen Zuschusskosten seit 2012 und auch noch in den nächsten zehn Jahren bis zur Fertigstellung des Gesamtvorhabens nicht verringern werden.

Die Verärgerung vieler BürgerInnen ist insoweit nachvollziehbar und absolut verständlich.

Mit nur einer Stimme Mehrheit hat der Rat zuletzt entschieden, unsere marode Bäderlandschaft für die nächsten Jahre in externe Betriebsführer(BF)-Hände zu geben, wir halten das für einen schwerwiegenden Fehler. Wir glauben nämlich nicht an die Senkung der jährlichen hohen Zuschüsse von rd. 1,4 Mio. €/Jahr. Und wenn es wider Erwarten doch gelingen sollte, ist noch immer nicht erklärt, warum bei entsprechendem Interesse nicht ein städtischer Betrieb ebenso kostengünstig wirtschaften kann. Seinerzeit musste ein Badmanager, dann ein Badobermanager auf 450 € -Basis und nun ein externer BF beauftragt werden, um Kosten zu senken – das war und ist hilfloses Herumwerkeln ohne Lösungskompetenz.

Verehrte KollegInnen, es ist ein weit verbreiteter Irrglaube, dass nur die Privatwirtschaft effektiver wirtschaftet als die Stadt.

Das zeigt uns gerade wieder unser Bibb, meine Damen und Herren, der mit einem Plus abgeschlossen hat und diesen Hh wieder wird finanziell unterstützen dürfen.

Gedankenspiele, den Bibb auch auf den Berg zu verlegen, halten wir für einen Fehler.

Ein weiterer Punkt, der uns Sorge bereitet, ist die demografische Entwicklung sowie die ärztliche Versorgung der Bevölkerung hier in ibb. Die durchschnittliche Alterung der Bevölkerung betrifft sowohl den Einzelhandel als auch den Wohnungsbau genauso wie die heimische Wirtschaft.

Ich habe bereits in meiner Hh-Rede 2016 u. a. auf diesen Umstand hingewiesen und beantragt, Verwaltung und Rat mögen sich dieses Themas annehmen. Lösungsvorschläge wurden seitdem jedoch nicht entwickelt – ein weiteres bedauerliches Versäumnis.

Die UWG IFI wird in absehbarer Zeit einen Antrag zur Entwicklung einer städtischen Demografiestrategie einbringen, wie es z. B. die Stadt Bocholt schon vor Jahren angegangen ist.

Wichtig erscheint meiner Faktion auch, dass die Stadt als größter Anteilseigner über die Baugenossenschaft stärker darauf drängen sollte, bezahlbaren sozialen Wohnraum zu schaffen, denn dies ist in ibb ein zentrales Anliegen der Bürger.

Für meine Fraktion ist klar, dass nach Schließung des „Pütts“ die Schließung innerstädtischer Geschäfte weiterhin verhindert werden muss. Wir sagen aber auch, dass eine Ausdehnung des Einzelhandels über das Tangentenviereck hinaus von uns nicht mitgetragen wird. Bereits die Nordstadtarkaden waren ein Sündenfall.

Doch dezidierte Konzepte der Wirtschaftsförderung für unsere Innenstadt vermissen wir hierzu. Die Innenstadtentwicklung, verehrte Kolleginnen, muss priorisiert werden und hier muss mehr Greifbares passieren.

Auch die Umflut für den Aasee sollte jetzt endlich angegangen und nach zehn Jahren die erneute Aasee-Entschlammung durchgeführt werden. Die Finanzierung dieser Maßnahme dürfte über die eingesparte Kreisumlage von 28,6% auf jetzt voraussichtliche 28,1% möglich sein.

Hierbei kommt uns immerhin entgegen, dass für die Zwischenlagerung des Schlamms entsprechende Lagerflächen seit elf Jahren vorhanden sind. Hier zeigt sich deutliches Einsparpotential für den städtischen Hh.

Meine Damen und Herren, sparen und gleichzeitig investieren, wie geht das oder geht das überhaupt?

Die Antwort meiner Fraktion lautet: Sparen und Investieren schließen einander nicht aus, wenn es mit dem richtigen Augenmaß erfolgt und da haben Schulen, Bildung, Kinder und Jugend für die UWG IFI unbedingt Vorrang.

Der Erwartungshaltung unserer Bürger und Vereine gerecht zu werden, ist eine große Herausforderung, der WIR uns als UWG IFI stellen werden. Wir werden uns weiterhin für das Allgemeinwohl nach Können und Vermögen einsetzen.

Meine Damen und Herren, obwohl der Hh 2020 zwar in ein paar Punkten durchaus auch in unserem Sinne richtige Entscheidungen und Vorhaben enthält, im Großen und Ganzen aber nicht das erfüllt, was für unser ibb wichtig und richtig wäre, werden wir diesem Hh nicht zustimmen.

Unseren BürgerInnen wünschen wir für die nächste Ratsperiode einen erfolgreichen und selbstbewussten starken Stadtrat.

Die UWG IFI-Fraktion bedankt sich bei den MitarbeiterInnen der Verwaltung sowie den Rats­kollegInnen für die Zusammenarbeit in dieser Legislaturperiode mit einem „Vergelt‘s Gott“.

Ihnen, meine Damen und Herren, wünsche ich gesegnete Feiertage und ein gesundes und erfolgreiches Jahr 2020.

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